Todgeweiht im Muensterland by Sabine Schulze Gronover

Todgeweiht im Muensterland by Sabine Schulze Gronover

Autor:Sabine Schulze Gronover [Gronover, Sabine Schulze]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-01-14T05:00:00+00:00


SIEBEN

Da Cornelia noch immer unterwegs war, kochte ich mir einen Kaffee und goss einen Schuss Cognac hinein. Trotzig griff ich zusätzlich nach einer Packung Schokoladenkekse. Meine Mutter hatte mich stets ermahnt, dass man auch als Junggeselle eine gewisse Grundausstattung vorrätig haben solle, falls einmal unerwartet Besuch kam. Mutti kam jedoch nie überraschend, und bei meinem Damenbesuch stand mir selten der Sinn nach Kaffee, Keksen und einer netten Unterhaltung. Da genügte eigentlich ein gutes Glas Rotwein.

Daher hatte ich die Auswahl zwischen sechs edlen Gebäckvariationen und zwei Schachteln teurer Pralinen. Ich nahm mir vor, meine genießerische neue Freundin nach dem Abendessen zu einem Nachtisch zu überreden.

In einem Anflug der Ehrlichkeit fragte ich mich, ob ich mit diesem Vorhaben meine Angst vor der nächtlichen Einsamkeit bekämpfen wollte oder ob ich tatsächlich Sehnsucht verspürte, noch einmal eine Frau in den Armen zu halten.

Nachdem für mein leibliches Wohl gesorgt war, nahm ich mir in der nächsten Stunde die alten Familienalben vor. Zunächst bewunderte ich den kleinen Michael in seiner kindlich fotogenen Natürlichkeit von der Taufe bis zum Abitur, dann legte ich die neueren Alben zur Seite und widmete mich zwei sehr alten graubraunen Alben, die so zerfleddert wirkten, dass ich mir am liebsten Seidenhandschuhe angezogen hätte wie ein Antiquitätenhändler.

Für unsere Ahnen war ein Foto noch ein ganz besonderes Dokument, und so konnte ich neben beinahe jedem Bild in schönster alter Schrift die Namen der dargestellten Personen lesen.

Viele waren mir unbekannt. Die Mutter meiner Mutter war früh gestorben, ihre Familie hatte in unserem Leben so gut wie keine Rolle gespielt. Zu den Großeltern väterlicherseits hatte ich dagegen als Kind sehr viel Kontakt gehabt und auch zur Schwester meines Vaters. Diese Kontakte hatten sogar die Trennung meiner Eltern überstanden.

Das zweite Album stammte offenbar aus der Familie meiner Mutter. Es war dünn, mehr ein Heft als ein Album, und es gab nur wenige Fotos. Es begann mit einem altmodisch aussehenden Hochzeitspaar. Die Braut, meine Großmutter mütterlicherseits, wirkte sehr aristokratisch. Ein schönes Gesicht mit hohen Wangenknochen und einer leicht gebogenen Nase blickte mich über Zeit und Raum hinweg an. Unwillkürlich fasste ich an die eigene Nase und erkannte die Verwandtschaft. Ich hatte meine Oma natürlich schon auf anderen Fotos gesehen. In dem Bräutigam hingegen konnte ich meinen Großvater nicht erkennen, er musste sich im Laufe der Zeit sehr verändert haben. Der Mann auf dem Foto war groß, blond und blickte trotz des bedeutungsvollen Anlasses humorvoll in die Kamera. Es folgten zwei Fotos von der, wie mir schien, kleinen Hochzeitsgesellschaft.

Danach kam ein Foto, das am Tage einer Beerdigung entstanden sein musste. Alle Gäste trugen schwarz, meine Großmutter hatte einen Schleier vor dem Gesicht und man sah im Hintergrund sogar den Grabstein. Leider konnte ich die Inschrift nicht entziffern. Ich zuckte mit den Achseln, das alles war ja unendlich lange her. Als ich weiterblätterte, kamen zwei leere Seiten und dann erneut das Foto einer Hochzeit. Ich starrte darauf, blinzelte und staunte nicht schlecht.

Natürlich konnte es sein, dass in einem Album zwei Hochzeitsfeiern festgehalten waren, doch es handelte sich um dieselbe Braut!



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